Pinguine können keinen Käsekuchen backen

Zwei Pinguine, ein kurzsichtiger Maulwurf und ein Huhn mit Staubsauger? Was das gibt? Ein riesiges Durcheinander. Der kurzsichtige Maulwurf hat sich zum Geburtstag einen Käsekuchen bestellt. Die beiden Pinguine haben den Kuchen jedoch bereits bis zur letzten Rosine verputzt. An Ersatz ist nicht zu denken, denn Pinguine können keinen Käsekuchen backen! Dann taucht auch noch ein Huhn auf, mit einem Staubsauger, der Öl verliert und ein Eigenleben zu besitzen scheint. Das Chaos ist perfekt.
Ein absurdes Theaterstück voller merkwürdiger Situationen und komischer Bilder über doch sehr ernste menschliche Schwächen: Sich der Verlockung hinzugeben, Grenzen nicht wahrzunehmen, Verbote zu ignorieren und sich schließlich nicht der Verantwortung stellen zu wollen. Das gilt nicht nur für Kinder ab 6 Jahren, sondern für alle Leichtverführbaren, die das Leben nicht ganz so ernst nehmen.

Interview Heidi Lehnert vom Theater Chapeau Claque anlässlich der Premiere von Pinguie können keinen Käsekuchen backen:

Herr Hub, mögen Sie Käsekuchen?
Ich mag lieber Obstkuchen, aber Käsekuchen gefällt mir einfach als Wort. Käse und Kuchen – das passt eigentlich nicht richtig zusammen & klingt schon mal komisch. Als Kind habe ich eine gruselige Käsekuchen-Backmischung von Doktor Oetker geliebt – das war aber bestimmt kein Käse drinnen sondern nur leckere Chemie, und ich habe darauf bestanden, dass der Kuchen genauso aussah wie auf der Verpackung – mit Büchsenmandarinen auf der Oberfläche.

Wie kamen Sie auf die Idee zum Stück „Pinguine können keinen Käsekuchen backen“ und wie haben Sie die Geschichte entwickelt?
Davor hatte ich ein Stück geschrieben, das ich ganz großartig fand – als einziger. Dann war ich beleidigt und habe etwas geschrieben, das niemand gefallen sollte – nur mir. Tatsächlich hatte ich beim Schreiben viel Vergnügen, was nicht immer der Fall ist. Meine Grundidee war, Figuren zu schreiben, die sich unter keinen Umständen begegnen sollten, um sie sich dann so schnell wie möglich begegnen zu lassen.

Pinguine, Maulwurf, Huhn – warum haben Sie genau diese Tiere für das Stück ausgewählt?
In meinem ersten Kinderstück trat ein einziger Pinguin auf – da war es naheliegend, im zweiten Kinderstück zwei Pinguine auftreten zu lassen. Bei Pinguinen denke ich – natürlich darf sich jeder seine eigenen Vorstellungen machen – nicht an die eleganten Königs- oder gar Kaiserpinguine, sondern an ein paar Exemplare, die ich einmal in Südafrika gesehen hatte: Klein, struppig, unelegant, streitsüchtig, laut und einen enormen Gestank verbreitend. Wie ich auf die anderen Tiere gekommen bin, weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr. Vermutlich weil sie sich in der Natur eigentlich gar nicht begegnen.

Wenn Sie ein Tier wären, welches wäre das?
Es gibt ein lustiges (halbpsychologisches) Spiel. Man fordert jemanden auf, ein Lieblingstier zu nennen und drei Eigenschaftswörter als Begründung anzugeben. Dann muss man ein zweites Lieblingstier nennen und ebenso begründen. Zum Schluss ein drittes. Die Lösung: Das erste Tier ist: wie man gerne wäre. Das zweite Tier ist: wie man wirklich ist. Das dritte Tier: So sehen einen die anderen. Bei mir war das erste Lieblingstier: Eisbär (unabhängig, stark, majestätisch). Das zweite Tier: Hund (treu, häuslich und ein bisschen doof). Das dritte … jetzt muss ich wirklich überlegen, das ist schon so lange her. Vielleicht fällt es mir ein. Aber an das dritte Tier meiner Schwester erinnere ich mich noch gut: Heuschrecke (hässlich, springt in der Gegend rum und niemand kann es leiden). Aber kurz gesagt: Eisbären mag ich gern und einen Hund hätte ich gern.

Sie arbeiten als Schauspieler, Regisseur und Autor. Was gefällt Ihnen an diesen drei Arbeitsgebieten jeweils am besten?
Als Schauspieler arbeite ich schon lange nicht mehr, aber ich bemühe mich darum, gute Rollen für Schauspieler zu schreiben – selbst wenn sie nicht stücktragend sind. Als Autor arbeitet man allein und muss sich selbst motivieren, als Regisseur arbeitet man mit anderen zusammen, muss/darf sie motivieren und reagiert auf die Vorschläge von anderen. Beides mag ich und bin froh, dass ich abwechselnd das eine und das andere machen kann. Wenn ich meine eigenen Stücke inszeniere, ändere ich auf den Proben oft den Text, streiche oder schreibe etwas dazu – das Stück ist erst fertig am Tag der Generalprobe.

Denken Sie, dass Kinder absurde Theaterstücke verstehen?
Ist dieses Theaterstück absurd? Für mich ist das eine ganz konkrete Situation. Man hat etwas geklaut und versucht, es wieder gut zu machen – so gut man eben kann. Und lustig kann es dadurch werden, weil die Pinguine nicht richtig nachdenken (vielleicht aus Zeitmangel) und auf andere Leute hören – anstatt selbst ihren eigenen Kopf zu benutzen.

Eine Grundschullehrerin hat die „Pinguine“ nach Lektüre des Stücktextes als „gewaltverherrlichend“ empfunden. Was würden Sie so jemandem entgegnen?
Dieses Argument habe ich schon mal gehört. Ich will niemanden eines Besseren belehren, aber erst einmal ist Gewalt ein Bestandteil des Lebens und der Welt – man kann das übrigens gut auf Kinderspielplätzen beobachten – und muss natürlich kanalisiert werden. Gewalt geht in diesem Stück immer nur von Autoritäten aus – oder Figuren, die sich diese Funktion anmaßen. In fast allen meinen Stücken geht es darum, dass man Autoritäten nicht unbedingt glauben soll.

In Ihren Kinderstücken sind häufig Tiere die Protagonisten. Sehen Sie sich da als Autor in der Tradition der Fabel bzw. worin sehen Sie den Unterschied in Ihrer Dramatik?
Fabeln haben mich schon als Kind nicht interessiert. Da muss man schließlich immer was lernen oder eine „Lehre daraus ziehen“ und dann gibt immer nur eine einzig richtige. Das finde ich immer noch sehr unangenehm. Tiere nehme ich gerne als Protagonisten in Theaterstücken, weil man besetzungstechnisch unabhängiger ist. Jede Figur kann von einer Schauspielerin gespielt werden oder von einem Schauspieler. Ist bei Ihnen das Huhn ein Männchen?

Nach Lessing soll die Fabel ja immer auch moralisch-belehrend sein. Was können Kinder aus den „Pinguinen“ mitnehmen?
In erster Linie möchte ich im Theater unterhalten werden – aber auf eine halbwegs intelligente Art. Das heißt: Ich möchte etwas erfahren, was ich vorher noch nicht gewusst habe. Aber ohne Humor geht es gar nicht. Ich lese kein Buch, das nicht irgendwie komisch ist. Auch Dostojewski ist übrigens sehr komisch. Außerdem sollte bei Kinderstücken immer eine Utopie sein – aber das erwarte ich übrigens auch bei Stücken/Büchern für Erwachsene. Das heißt nicht, dass immer ein Happy End geben muss. Bei Schiller sterben oft die falschen Leute, aber die Utopie lebt weiter. So kapiere ich das jedenfalls.

„Pinguine können keinen Käsekuchen backen“ ist ein Theaterstück für die ganze Familie. Was gefällt kleinen und großen Kindern sowie Erwachsenen an Ihrem Stück?
Das kann ich natürlich nicht beurteilen. Aber ich habe beobachtet, dass Erwachsene bei anderen Stellen lachen als die Kinder und umgekehrt. Niemand soll sich im Theater langweilen.

Und eine letzte Frage: Wie oft müssen Sie eigentlich den Staubbeutel Ihres Staubsaugers wechseln?
Lange Zeit hatte ich einen Staubsauger ohne Staubbeutel, bis ich mich fragte, warum ich beim Entleeren des Behälters immer in einer riesigen Staubwolke stehen muss. Jetzt habe ich wieder ein klassisches Modell und leere den Staubbeutel immer ein bisschen zu spät – aber bin jedes Mal aufs Neue überrascht, wie sehr sich die Leistung des Staubsaugers dadurch steigern lässt.