Fragen & Antworten

FRAGEN UND ANTWORTEN ZU „EIN KÄNGURU WIE DU“ AN ULRICH HUB

WAS SAGEN SIE ZU DEN VORGÄNGEN IN BADEN BADEN?
Ich finde es großartig, dass das Theater das Stück auf den Spielplan gesetzt und gespielt hat. Als die Zuschauer ausgeblieben sind, hat das Theater das Gespräch mit Lehrerkräften und Eltern gesucht und festgestellt, dass es da starke Berührungsängste gibt. Offenbar haben viele Eltern ihre Kinder für den Tag des geplanten Theaterbesuchs krank gemeldet. Daraufhin gab es am Theater auch die Überlegung eines »Jetzt erst recht«. Aber es macht keinen Sinn, vor einem leeren Zuschauerraum zu spielen. In der Zwischenzeit haben viele Theater anderer Städte die Inszenierung zu Gastspielen eingeladen.

HABEN SIE ÄHNLICHE ERFAHRUNGEN MIT IHREM BUCH GEMACHT?
Ich erlebe bei meinem Lesungen mit diesem Buch immer wieder, dass ich von Veranstaltern freundlich, aber bestimmt darum gebeten werden, nicht aus »diesem Buch« zu lesen. Die Argumente sind immer die gleichen: »Ich persönlich habe natürlich nichts dagegen, aber die Kinder sind noch zu klein, sie kennen das noch nicht und man darf sie nicht mit so einer Thematik konfrontieren.« Manche Buchhändler haben mich gefragt, wo sie das Buch überhaupt hinstellen sollen. »Zur sexuellen Aufklärung?« Nein, natürlich zu den Geschichten ab acht.

WIE ERKLÄREN SIE SICH DIE VORBEHALTE VIELER ELTERN GEGEN DIESE GESCHICHTE?
Nur Erwachsene haben ein Problem mit der Geschichte. Kinder finden sie in erster Linie unterhaltsam. Sie haben eine völlig andere Erlebniswelt als Erwachsene. Jedenfalls ist es völlig realitätsfern, wenn Erwachsene behaupten, Kinder würden nichts über die Existenz von Schwulen und Lesben wissen und man dürfe sie nicht damit in Berührung bringen. Ich frage bei meinen Lesungen doch nach. Die Kinder kennen immer jemanden – sei es aus dem Internet, aus der Verwandtschaft, aus dem Freundeskreis der Eltern und oft wachsen Kinder mit zwei Vätern oder Müttern auf. Gerade wurde die Ehe für alle beschlossen. Das war eine ausführliche Meldung in den ZDF-Kindernachrichten

SIND DIESE ERWACHSENEN EIGENTLICH ALLE HOMOPHOB?
Vermutlich denken viele Eltern bei dem Stichwort »schwul« geht es automatisch um Sexualität und stellen sich auf der Bühne hoppelnde und kopulierende schwule Kängurus vor. Dabei geht es einfach nur um Liebe. Es gibt eben Männer, die Frauen lieben und Männer, die Männer lieben, und Frauen, die Männer lieben, und Frauen, die Frauen lieben, und Kinder, die Pizza Margarita lieben, und Erwachsene, die Pina Colada lieben – es geht um Vorlieben. Wenn es Bedenken gibt, können diese nur durch gemeinsame Gespräche herausgefunden und geklärt werden – wie es gerade in Baden Baden passiert.

WARUM HABEN SIE SICH DAZU ENTSCHLOSSEN, EINE GESCHICHTE MIT EINEM SCHWULEN KÄNGURU ZU SCHREIBEN?
Bei einer Lesung von meinem ersten Kinderbuch »An der Arche um Acht« waren die Kinder irritiert, als am Ende ein Pinguin und eine Taube ein Paar werden. »Diese beiden Tiere«, versicherten die Kinder, »passen überhaupt nicht zusammen. Die können nämlich nie heiraten und Kinder kriegen.« »Was?«, fragte ich. »Beide sind Vögel und beide können Eier legen.« »Aber das sind doch zwei Männchen?« »Wieso? Der Pinguin und die Taube?« Dagegen konnte keiner mehr was sagen, aber ein Junge gab sich trotzdem nicht zufrieden und murmelte: »Aber so, wie Sie die Taube gelesen haben, Herr Hub, war’s wahrscheinlich auch ein Männchen.« »Und wenn schon –« gab ich zurück, und dann ging es richtig los. Erstaunlich war, wie leidenschaftlich sie über das Thema diskutiert hatten.

WIE ERKLÄREN SIE SICH DAS INTERESSE DER KINDER?
Die Kinder wissen längst Bescheid, aber oft genug wird das Thema geheimnisvoll und hinter vorgehaltener Hand besprochen. Dann interessiert es die Kinder natürlich ganz besonders. In dieser Geschichte wird alles ganz offen diskutiert – irgendwann sogar albern und absurd. Wenn die kleinen Raubkatzen auf die Idee kommen, ihren Trainer mit dem schwulen Känguru zu verheiraten, werfen sich die Kinder immer weg vor Lachen.

HABEN SIE AUCH GUTE ERFAHRUNGEN GEMACHT?
Sogar jede Menge. Oft genug werde ich genau wegen dieser Geschichte in Schulklassen oder Buchhandlungen eingeladen. Es gibt für die Altersgruppe ab 8 kaum Geschichten mit einer schwulen Figur. In Köln wird das Theaterstück schon seit drei Jahren gespielt, die nächste Inszenierung wird es im Januar am Deutschen Theater Göttingen geben. Und nicht zuletzt – was mich besonders gefreut hat – waren es die Kinder in der Jury des Mülheimer Theaterpreises, die das Stück vor zwei Jahren mit dem Publikumspreis ausgezeichnet haben.