Die Ermittlung

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»Hub betritt erst gar nicht den Gerichtsaal, sondern verfrachtet seine vier Figuren – den Adjutant des Lagerkommandanten, einen Arzt, einen Blockführer und einen Wachmann – in einen nicht näher bestimmten Raum. Ganz ähnlich dem Satreschen Setting in ›Die geschlossene Gesellschaft‹ machen sie sich dort gegenseitig den Prozess. Und je mehr Schuld der andere hat, desto geringer scheint die eigene. Interessant, dass Hub den Horizont für die 1965 geforderte Deutungsfreiheit damit weit aufreißt. Siebzig Jahre nach Kriegsende und mit einer Generation, die von Auschwitz nicht mehr verdrängt, scheint das ein erträglicher Ansatz zu sein.«
Kölnische Rundschau 2015

»Gespielt wird auf einer kahlen Bühne. Nur ein zertretener Blumenstrauß mag an eine Trauerzeremonie erinnern. In Wasserpfützen spiegelt sich das Geschehen – und damit die deutsche Geschichte.(…) Getrennt werden die einzelnen Szenen durch die Strophen des Volkslieds „Der Mond ist aufgegangen“, das mit seiner Sehnsucht nach Frieden und Stille als Spiegelbild der deutschen Seele gilt. Im Kontrast mit den Rechtfertigungen und Ausflüchten der Mörder und Mordgehilfen erhalten der Wunsch nach Vergessen, der Begriff der armen Sünder und der Vers „verschon uns, Gott, mit Strafen“ einen bitterbösen Beigeschmack. Ob am Ende der erhoffte ruhige Schlaf steht? Es wird wohl kaum der „süße Traum“ werden, wie er im Volkslied vom Brunnen vor dem Tore erinnert wird! Gesungen wird das Lied von der 9-jährigen Philomena Schatz. Ihr Auftritt ist der berührende Schlusspunkt von 90 intensiven Theaterminuten.«
köln nachrichten
http://koeln-nachrichten.de/kultur/theater/voelkermord-im-lichte-deutscher-volkslieder

Eine karge, hochkonzentrierte und eben dadurch äußerst wirkungsvolle Aufführung hat der Regisseur mit seinen vier SchauspielE3ern geschaffen. (…) Ulrich Hub hat den Text für seine Kölner Inszenierung auf 90 Minuten Spieldauer eingekürzt und auf vier Schauspieler verteilt. Das Genre des „Oratoriums“ bedient Hub ausschließlich durch mehrfaches, melodisches Singen eines deutschen Volksliedes. Überraschenderweise schlagen Marius Bechen, Eva Horstmann, Holger Stolz und Rike Will lange Zeit über den Ton eines lockeren Parlandos an. Nicht bohrende Fragen oder wütende Vorwürfe bestimmen den Ton der Anklagevertreter, sondern nur anteilnehmendes Interesse.  In empörender Selbstverständlichkeit wird geantwortet. Der Sinn der Schornsteine im Lager? – „Ich habe gedacht, das sind Bäckereien …“ Erinnerungen werden verdrängt, negiert oder geschönt. (…) Der ganz normale alltägliche Konversationston, den die Schauspieler die meiste Zeit über anschlagen, während die unvorstellbaren Gräuel immer klarer zutage treten, zerrt irgendwann an den Nerven – wie der besagte Wassertropfen, der zur Folter werden kann. Es ist die Banalität des Bösen, die Grausen macht. Doch nach und nach drehen die Schauspieler an der Schraube des Ungeheuerlichen. Sie geben ihren Emotionen mehr Raum; sie spielen „Schwarzer Tod“ nach dem Spitznamen des Assistenten der Lagerkommandantur. Ein Kind kommt zum Schluss auf die Bühne, singt ebenfalls ein Lied. Das Kind hat die Gnade der späten Geburt. Die Eltern / Angeklagten versuchen ihm zu erklären, was seinerzeit geschah. Jedes dritte Wort in ihrer Schulzeit, so sagen sie – und haben damit sicher recht – handelte von denen, die Schuld waren. Doch es folgen die Worte, an denen wir noch auf dem Heimweg kauen: „… die mussten doch ausgemerzt werden. Und es ist doch besser, im Gas als im Bombenhagel zu sterben.“ Längst ist der Mond aufgegangen, auch über Köln. Wie endete noch das Lied: „Verschon‘ uns, Gott, mit Strafen und lass uns ruhig schlafen …«
theater pur
http://theaterpur.net/theater/schauspiel/2015/09/koeln-fwt-die-ermittlung.html


E1»Die Bühne, ein gespenstischer Raum lässt die Täter mit sich und ihrer Schuld allein. Die Akteure sind großartig darin, deren Selbstentlastungsversuche in larmoyanten Litaneien zu Gehör zu bringen. Wie eine Gruppe in die Enge getriebener Raubtiere belauert das Quartett einander, ein jeder darauf bedacht, beim anderen Lügen und Widersprüche aufzudecken und die eigene Schuld zu verharmlosen. Eine Dramaturgie der Verleugnung, an deren Ende die Widersprüche in den Aussagen der Täter aufgedeckt werden.«
Kölner Stadt-Anzeiger
http://www.fwt-koeln.de/index.php/die-ermittlung.html